Tücken. Ein großer Teil der Arbeit beim Integrieren von Ausdrücken besteht darin, sie in eine Form zu bringen, die integriert werden kann. Die Bücher - und damit sind die ernsthaften Bücher über die Integralrechnung gemeint - sind voll von Plänen und Methoden und Ausweichmanövern und Kunstgriffen für diese Art von Arbeit. Im Folgenden sind einige davon aufgeführt.
Integration durch Teile. (Partielles Integrieren)
Diesen Namen trägt ein Ausweichmanöver, für das die Formel lautet
∫udx=ux−∫xdu+C.
Es ist in einigen Fällen nützlich, die man nicht direkt angehen kann, denn die Formel zeigt, dass, wenn in irgendeinem Fall ∫xdu gefunden werden kann, dann kann auch ∫udx gefunden werden. Die Formel lässt sich wie folgt herleiten. Aus dem Kapitel Summe, Differenzen, Produkte und Quotienten, haben wir,
d(ux)=udx+xdu,
was geschrieben werden kann als
u(dx)=d(ux)−xdu,
was durch direkte Integration den obigen Ausdruck ergibt.
Beispiele
(1) Wir bestimmen ∫w⋅sinwdw.
Dazu schreiben wir u=w, und für sinw⋅dw schreiben wir dx. Dann haben wir du=dw, während ∫sinw⋅dw=−cosw=x ist.
Wenn wir diese in die Formel einsetzen erhalten wir
∫w⋅sinwdw=w(−cosw)−∫−coswdw=−wcosw+sinw+C.
(2) Wir bestimmen ∫xϵxdx. Dazu schreiben wir
u=x,ϵxdx=dv;dann ist du=dx,v=ϵx, und ∫xϵxdx=xϵx−∫ϵxdx(nach der Formel)=xϵx−ϵx=ϵx(x−1)+C.
(3) Nun versuchen wir ∫cos2θdθ.u=cosθ,cosθdθ=dv.und du=−sinθdθ,v=sinθ, ∫cos2θdθ=cosθsinθ+∫sin2θdθ=2cosθsinθ2+∫(1−cos2θ)dθ=sin2θ2+∫dθ−∫cos2θdθ. daher2∫cos2θdθ=sin2θ2+θund∫cos2θdθ=sin2θ4+θ2+C.
(4)Wir bestimmen ∫x2sinxdx.
Umschreiben x2=u,sinxdx=dv;dann ist du=2xdx,v=−cosx, ∫x2sinxdx=−x2cosx+2∫xcosxdx.
Jetzt bestimmen wir ∫xcosxdx, durch stückweises Integrieren (wie im obigen Beispiel 1):
∫xcosxdx=xsinx+cosx+C.
Daher ∫x2sinxdx=−x2cosx+2xsinx+2cosx+C′=2[xsinx+cosx(1−x22)]+C′.
(5) Wir bestimmen ∫√1−x2dx.
Umschreibenu=√1−x2,dx=dv;dann ist du=−xdx√1−x2(siehe Kapitel IX.,) und x=v; so dass folgendes gilt ∫√1−x2dx=x√1−x2+∫x2dx√1−x2.
Hier können wir der Schwierigkeit ein wenig ausweichen, denn wir können folgendes schreiben
∫√1−x2dx=∫(1−x2)dx√1−x2=∫dx√1−x2−∫x2dx√1−x2.
Durch das Addieren der letzten zwei Gleichungen fällt der Ausdruck ∫x2dx√1−x2, weg und wir haben
2∫√1−x2dx=x√1−x2+∫dx√1−x2.
Erinnern Sie sich daran, dass Sie dx√1−x2 schon einmal gesehen haben? Es war das Ergebnis, beim Differenzieren von y=arcsinx (siehe hier); somit ist das Integral arcsinx, und damit
∫√1−x2dx=x√1−x22+12arcsinx+C.
Am Ende des Kapitels finden Sie Übungen, bei denen Sie ihren neuen Fähigkeiten ausprobieren können.
Substitution.
Dabei handelt es sich um das gleiche Ausweichmanöver wie hier beschrieben. Veranschaulichen wir seine Anwendung zur Integration anhand einiger Beispiele.
(1) ∫√3+xdx. Sei 3+x=u,dx=du;ersetze ∫u12du=23u32=23(3+x)32.
(2) ∫dxϵx+ϵ−x.
Sei ϵx=u,dudx=ϵx,unddx=duϵx; so das ∫dxϵx+ϵ−x=∫duϵx(ϵx+ϵ−x)=∫duu(u+1u)=∫duu2+1 ist.
Und du1+u2 ist das Ergebnis der Ableitung von arctanx.
Daher ist das Integral arctanϵx.
(3) ∫dxx2+2x+3=∫dxx2+2x+1+2=∫dx(x+1)2+(√2)2.
Sei x+1=u und dx=du; dann wird das Integral wie folgt geschrieben ∫duu2+(√2)2; aber duu2+a2 ist das Ergebnis der Ableitung von u=1aarctanua.
Somit hat man am Ende 1√2arctanx+1√2 als Wert des gegebenen Integrals.
Reduktionsformeln sind spezielle Formeln, die vor allem auf binomische und trigonometrische Ausdrücke, die integriert werden müssen, angewendet werden. Dadurch versucht man die Ausdrücke auf eine Form zu reduzieren für die bereits das Integral bekannt ist.
Rationalisierung, und Faktorisierung des Nenners sind Ausweichmanöver, die in speziellen Fällen anwendbar sind, aber sie lassen keine kurze oder allgemeine Erklärung zu. Es ist viel Übung nötig, um mit diesen vorbereitenden Verfahren vertraut zu werden.
Das folgende Beispiel zeigt wie der Prozess des Aufspaltens in Partialbrüche , welchen wir hier gelernt haben, für die Integration genutzt werden kann.
Wir nehmen wieder ∫dxx2+2x+3; wenn wir 1x2+2x+3 in Partialbrüche aufspalten, erhalten wir das (see hier): 12√−2[∫dxx+1−√−2−∫dxx+1+√−2] =12√−2logϵx+1−√−2x+1+√−2.
Beachten Sie, dass ein und dasselbe Integral manchmal auf mehr als nur eine Weise (die äquivalent zueinander sind) dargestellt werden kann.
Fallstricke. Einem Anfänger kann es passieren, dass bestimmte Punkte übersehen werden, was einer geübten Hand vermutlich nicht passiert wäre; wie die Verwendung von Faktoren, die entweder gleich Null oder unendlich sind, und das Auftreten von unbestimmten Größen wie z.B. 00. Es gibt keine goldene Regel, die für jeden möglichen Fall genützt werden kann. Nichts als Übung und intelligente Sorgfalt wird helfen. Ein Beispiel für einen Fallstrick, mit dem umgangen werden musste, ergab sich in Kap. XVIII, als wir auf das Problem der Integration von x−1dx gestoßen sind.
Triumphe. Unter Triumphen sind die Erfolge zu verstehen, mit denen die Infinitesimalrechnung bei der Lösung sonst unlösbarer Probleme angewendet wurde. Oft gelingt es bei der Betrachtung physikalischer Zusammenhänge, einen Ausdruck für das Gesetz der Wechselwirkung der Teile oder der sie beherrschenden Kräfte aufzustellen, wobei dieser Ausdruck naturgemäß die Form einer Differentialgleichung hat, das heißt, einer Gleichung, die Differentialkoeffizienten mit oder ohne andere algebraische Größen enthält. Und wenn man eine solche Differentialgleichung gefunden hat, kommt man erst weiter, wenn man sie integriert hat. Im Allgemeinen ist es viel einfacher, die entsprechende Differentialgleichung aufzustellen, als sie zu lösen: Die wirkliche Schwierigkeit beginnt dann erst, wenn man integrieren will, es sei denn, man sieht, dass die Gleichung eine Standardform besitzt, von der das Integral bekannt ist, und dann ist der Triumph einfach. Die Gleichung, die sich aus der Integration einer Differentialgleichung ergibt, wird ihre Lösung genannt; und es ist ganz erstaunlich, wie in vielen Fällen die Lösung aussieht, als ob sie keine Beziehung zu der Differentialgleichung hätte, deren integrierte Form sie ist. Die Lösung scheint oft so verschieden von dem ursprünglichen Ausdruck zu sein, wie ein Schmetterling von der Raupe, die er war. Wer hätte gedacht, dass sich ein so unschuldiges Ding wie
dydx=1a2−x2 zu so einem Schmetterling entwickeln könnte y=12alogϵa+xa−x+C?
Doch Letztere ist die Lösung der Ersteren.
* Das bedeutet, dass das eigentliche Ergebnis der Lösung als ihre Lösung bezeichnet wird. Aber viele Mathematiker würden mit Professor Forsyth sagen, dass "jede Differentialgleichung als gelöst gilt, wenn der Wert der abhängigen Variablen als Funktion der unabhängigen Variablen entweder durch bekannte Funktionen oder durch Integrale ausgedrückt wird, unabhängig davon, ob die Integrationen letzteren in Begriffen bereits bekannter Funktionen ausgedrückt werden können oder nicht."
Lassen Sie uns als letztes Beispiel das Obige gemeinsam ausarbeiten.
Durch Partialbruch Zerlegung,1a2−x2=12a(a+x)+12a(a−x),dy=dx2a(a+x)+dx2a(a−x),y=12a(∫dxa+x+∫dxa−x)=12a(logϵ(a+x)−logϵ(a−x))=12alogϵa+xa−x+C.
Keine sehr schwierige Verwandlung!
Es gibt ganze Abhandlungen, wie z.B. Boole's Differentialgleichungen, die sich dem Thema widmen, wie man so die Lösungen für verschiedene Ausgangsformen findet.
(1) Bestimmen Sie ∫√a2−x2dx.
(2) Bestimmen Sie ∫xlogϵxdx.
(3) Bestimmen Sie ∫xalogϵxdx.
(4) Bestimmen Sie ∫ϵxcosϵxdx.
(5) Bestimmen Sie ∫1xcos(logϵx)dx.
(6) Bestimmen Sie ∫x2ϵxdx.
(7) Bestimmen Sie ∫(logϵx)axdx.
(8) Bestimmen Sie ∫dxxlogϵx.
(9) Bestimmen Sie ∫5x+1x2+x−2dx.
(10) Bestimmen Sie ∫(x2−3)dxx3−7x+6.
(11) Bestimmen Sie ∫bdxx2−a2.
(12) Bestimmen Sie ∫4xdxx4−1.
(13) Bestimmen Sie ∫dx1−x4.
(14) Bestimmen Sie ∫dxx√a−bx2.
(1) x√a2−x22+a22sin−1xa+C.
(2) x22(logϵx−12)+C.
(3) xa+1a+1(logϵx−1a+1)+C.
(4) sinϵx+C.
(5) sin(logϵx)+C.
(6) ϵx(x2−2x+2)+C.
(7) 1a+1(logϵx)a+1+C.
(8) logϵ(logϵx)+C.
(9) 2logϵ(x−1)+3logϵ(x+2)+C.
(10) 12logϵ(x−1)+15logϵ(x−2)+310logϵ(x+3)+C.
(11) b2alogϵx−ax+a+C.
(12) logϵx2−1x2+1+C.
(13) 14logϵ1+x1−x+12arctanx+C.
(14) 1√alogϵ√a−√a−bx2x√a. (Sei 1x=v; dann, im Ergebnis, sei √v2−ba=v−u.)